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In der Wahrheit liegt der Frieden

Neujahrsansprache, Wien, 17. Jänner 2006



Exzellenz! Hochverehrter Herr Bundespräsident!


Es ist für mich eine besondere Ehre, Ihnen zum ersten Mal den traditionellen Neujahrsgruß zusammen mit meinen verehrten Kollegen, den bei Eurer Exzellenz akkreditierten Botschaftern zu entbieten. So wünsche ich Ihnen und dem österreichischen Volk Glück und Wohlergehen im neuen Jahr 2006.


Das Neue Jahr hat mit der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs begonnen. Die Donau scheint wie ein uralter und getreuer Wächter der Geschichte und wie ein vermittelndes Verbindungsglied zwischen den europäischen Nationen in diesem Mozart-Jahr 2006 mit einem neuen Exsultate, Iubilate wiedererwacht zu sein.


Das vergangene Jahr 2005 war für die Republik Österreich ein Jahr besonderen Gedenkens und großer Festfreude. Österreich konnte 60 Jahre des Kriegsendes, 50 Jahre der Unabhängigkeit und des Staatsvertrags sowie 10 Jahre des Beitritts zur Europäischen Union feiern. Aus den zahlreichen Veranstaltungen und verschiedenartigen politischen, kulturellen und künstlerischen Ereignissen, die im Vorfeld der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs stattgefunden haben, möchte ich die vom Außenministerium organisierte Konferenz  Islam in a pluralistic world  herausheben. Getreu seiner geschichtlichen Mission als Brückenkopf zwischen Ost und West versucht Österreich stets zusammen mit den anderen europäischen Staaten das Verständnis neuen politischen Gegebenheiten und Realitäten gegenüber zu vertiefen, um der Wohlfahrt der Völker, der Festigung der Demokratie und dem Frieden zu dienen.


Österreich hat an seinen Gaben und seinen Werten niemals wie an einem eifersüchtig zu hütenden Schatz festgehalten. Ich bin gewiß, Exzellenz, daß Ihr Land auch die geschichtlichen Schwierigkeiten und aktuellen Herausforderungen ernst nehmen wird, um den Weg in die Zukunft zu ebnen und die natürlichen Bestrebungen der europäischen Völker zu stärken. Nicht allein vom Brot lebt der Mensch! Nicht allein von Wirtschaft und Finanzen kann Europa auferbaut werden. Wohlfahrt, Friede und Freiheit sind nicht voneinander zu trennen.


In der Tat sind es nicht wenige Ereignisse, die weiterhin auf internationaler Ebene das politische Gleichgewicht untergraben und das Zusammenleben und das Vertrauen in den wissenschaftlichen und humanistischen Fortschritt der Menschheit stören. Naturkatastrophen (Überflutungen und Wirbelstürme) in Asien, Europa und Amerika scheinen das mißbrauchte Recht der Erde und der Umwelt auf Schutz und Unversehrtheit zu rächen. Die vielbeschworene Zivilisation des homo socialis befindet sich infolge einer explosiven Kettenreaktion und Verknüpfung von Terrorismus und gesellschaftlicher Frustration, sozialen Ungerechtigkeiten und nicht erfüllten Erwartungen in der Krise. Die Terrorangriffe in London, Paris, im Libanon und im Heiligen Land bringen dies deutlich zum Ausdruck. Die Kriege (im Irak, Sudan, in Äthiopien und Eritrea) dauern an. Die unorganisierte Völkerwanderung ist bisher nicht genug ins Bewußtsein gedrungen. Sie wird das Problem des neu anbrechenden Jahrhunderts sein. Die internationale Diplomatie ist verunsichert. Die Furcht vor der Unsicherheit von Morgen drängt Staaten und Politiker, enttäuscht von Dialog und Gesprächen, dazu, sich hinter wissenschaftlichen und experimentellen atomaren und biologischen Forschungen zugunsten eines falschen Sicherheitssystems zu verschanzen.


Dennoch ist uns bewußt, daß gegenüber solch andauernden Konflikten und Völkerrechtsverletzungen die Großzügigkeit und Solidarität der Menschen sowie der Weitblick für Lösungsvorschläge nicht fehlt. Dementsprechend ist die österreichische Fahne auch in vielen Krisenregionen gehißt. In besonderer Weise ist die Bundeshauptstadt Wien selbst ein allenthalben angesehener Ort für den Dialog und das Ringen um gemeinsame diplomatische Lösungen für Konflikte.


Auf universaler Ebene hat die Katholische Kirche durch den Tod von Papst Johannes Paul II. eine schwere Prüfung erlitten. Die Welt hat uns auf allen politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Ebenen ihre Wertschätzung, ihr Beileid und ihre Solidarität gezeigt. Eure Exzellenz hat Österreich persönlich beim Begräbnis des Römischen Pontifex vertreten. Dafür sei Österreich heute erneut herzlich gedankt. In einer erstaunlich kurzen Zeit wurde der neue Papst gewählt, dessen Name Benedikt ein wünschenswerter Segen und eine Orientierung für Europa und die Welt sein will. Seine erste Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 2006 lautet: In der Wahrheit liegt der Friede. Und in reziproker Wahrhaftigkeit ist der Friede unter den Völkern möglich!


Hochverehrter Herr Bundespräsident, in Ihrer Neujahrsansprache an die Nation haben Sie dem österreichischen Volk Mut gemacht, optimistisch und zuversichtlich in die Zukunft zu gehen. Europa geht entschlossen und überzeugt in die Zukunft. Die EU-Ratspräsidentschaft Österreichs wird in Europa bleibende Spuren hinterlassen und der Konsolidierung der Staatengemeinschaft sowie der klärenden Unterscheidung der Geister dienen.

Exzellenz! Omina fausta ac bona a Domino Tibi adprecor! Novum annum felicem ac benedictum, omnibus Vobis, ex toto corde exopto! Vivas, crescas, floreas! Danke!